Traumatherapie
Das Foto zeigt den sizilanischen Ort Gibellina, der 1968 einem schweren Erdbeben zum Opfer fiel. Der Künstler Alberto Burri bedeckte 1981 alle Ruinen mit einer Schicht aus Beton. Die Gassen blieben frei. So entstand eine begehbare Skulptur. Als ich den Ort 2015 besuchte, waren schon viele Risse im Beton zu sehen, aus denen jetzt neues Leben wächst.
Wenn Du eine oder sogar mehrere traumatische Erfahrung machen musstest, fühlst Du Dich vielleicht auch wie unter einem Panzer aus Beton. Dieser Panzer sollte Dich einmal vor schrecklichen Gefühle schützen. Darunter hast Du aber möglicherweise auch den Zugang zu schönen Gefühlen verloren. Man kann sich leider nicht vor negativen Gefühlen schützen und schöne Gefühle weiterhin fühlen. Um den ehemals schützenden Panzer fallen zu lassen, braucht es großen Mut. Ich nehme Deine Not wahr und unterstütze Dich, es ohne neue Verletzungen zu wagen.
Trauma
Als traumatisch werden Erlebnisse bezeichnet, die unsere seelische Integrationsfähigkeit überfordern. Dazu gehören z.B. schwere Unfälle, Naturkatastrophen, Kriegs- und Gewalterfahrungen, insbesondere auch sexualisierte Gewalt sowie der Verlust geliebter Menschen, aber auch Mobbing und schlimme medizinische Diagnosen und Eingriffe. Während einer traumatischen Erfahrung fühlt sich jeder Mensch existentiell verlassen. Diese Erfahrung erschwert später im Leben Beziehungen zu anderen Menschen erheblich.
Jede Art von Trauma kann im Körper stecken bleiben und überfällt einen Menschen dann mit Flashbacks, Alpträumen und/oder mit aggressiven Ausbrüchen, die man nicht beherrschen kann. Auch viele psychosomatische Krankheiten gedeihen auf dem Boden eines Traumas. Der Körper übersetzt das, was die Seele nicht fassen kann, in körperliche Symptome. Dazu gehören u.a. Asthma, Fibromyalgie, Neurodermitis, Bluthochdruck, einige Autoimmunerkrankungen, Herzkreislauferkrankungen und COPD. Suchtverhalten jeder Art entsteht häufig als (immer untauglicher) Versuch, mit einem Trauma klarzukommen.
Ein traumatisches Erlebnis kann für den Rest Deines Lebens eine Belastung sein, besonders dann, wenn die Traumatisierung in frühester Kindheit stattfand. In dieser besonders sensiblen Lebensphase können sogar vergleichsweise kleine Ursachen gravierende Auswirkungen haben, die im Wortsinn wie eingraviert bleiben. Und das teilweise völlig ohne bewusste Erinnerung. Sogar bei Diabetes und Krebs wurden statistische Zusammenhänge zu traumatischen Kindheitserfahrungen festgestellt. Eine der häufigsten Traumafolgestörungen ist jedoch die Depression. Die schmerzhaftesten Folgen haben Traumata, die einem noch sehr jungen Menschen von nahestehenden Personen zugefügt wurde.
Wenn Du ein Trauma erlebt hast, das Du noch nicht wirklich verarbeiten konntest, kannst Du Dir das bildlich so vorstellen:
In einem unbeleuchteten Raum Deines Unbewussten stehen ein paar große Pakete. Ab und zu gelangst Du versehentlich in den Raum und stolperst über eines dieser Pakete. Dann öffnet es sich und der ganze noch unverarbeitete Schrecken überfällt Dich wieder. Das können Bilder, Geräusche, Gerüche oder andere Eindrücke sein, die Dich wieder mitten in die traumatische Situation versetzen; meist bruchstückhaft, zusammenhanglos, zersplittert. Manchmal kannst Du vielleicht nicht einmal mehr zwischen dem schrecklichen ‘Dort-und-Damals’ und dem vergleichsweise sicheren ‘Hier-und-Jetzt’ unterscheiden. Es können aber auch schreckliche Gefühle sein, die Dich überfallen, die Du weder verstehen noch einordnen kannst. Oder Körpersymptome, für die kein Arzt und keine Ärztin der Welt eine medizinische Erklärung findet.
Du rettest Dich irgendwann, irgendwie aus dem Raum und schaffst es mühsam das Paket und die Türe wieder zu schließen. Aber so sehr Du Dich bemühst den Raum zu meiden, durch irgendeinen Auslöser (Trigger genannt) gelangst Du früher oder später wieder dorthin. Das alles kostet Dich sehr viel Lebensenergie, die Du besser einsetzen kannst.
Wenn Du diese oder ähnliche Erfahrungen machst, leidest Du vermutlich unter einer Traumafolgestörung. Keine Sorge, Du wirst nicht verrückt, nur weil Du unverständliche Erlebnisse und Wahrnehmungen hast. Du brauchst aber sehr wahrscheinlich Unterstützung bei der Einordnung und Verarbeitung Deiner schlimmen Erfahrungen.
Eine traumasensible Therapie hilft Dir, nach einer Phase der Stabilisierung und des Ressourcenaufbaus, die Inhalte dieser Pakete im geschützten Rahmen schrittweise auszupacken, einzuordnen und am Ende ins Regal Deiner Erfahrungen zu stellen. Dort kannst Du darauf zugreifen, musst es aber nicht. Deine Erfahrungen, wie traumatisch sie auch gewesen sein mögen, verlieren allmählich ihren Schrecken. Der dunkle Raum bekommt Licht, wird aufgeräumt und die Stolperfallen verschwinden.
Hirnphysiologisch ist es so, dass die traumatische Erinnerung in die andere Hirnhälfte überführt und damit in episodische Gedächtnis eingeordnet wird. Das Geschehen bekommt Anfang, Mitte und vor allem ein Ende. Es bleibt dann endlich im ‘Dort-und-Damals’.
Keine Sorge, in der Traumatherapie musst Du nicht den ganzen Schrecken durch Wiedererleben aufarbeiten. Wir beschränken uns auf möglichst kleine Häppchen, die Du heute verdauen kannst.
Unter dem Panzer entsteht neues Leben. Der Panzer zerfällt allmählich. Kraft und Weichheit des Lebens können sich endlich voll entfalten. Und Du kannst Dein Leben und Deine Beziehungen in ihrer ganzen Fülle leben.
Entwicklungstrauma und Bindungstrauma
Von einem Entwicklungstrauma spricht man, wenn ein Mensch in seiner frühesten Kindheit wiederholt oder dauerhaft Vernachlässigung, Gewalt – auch sexueller oder psychischer Gewalt, Abwertung und Ablehnung erfährt.
Vor allem bei Säuglingen kann auch eine Depression oder eine andere psychische Störung der ersten Bindungsperson zu einem Entwicklungstrauma führen. Ein Baby ist auf Spiegelung angewiesen, darauf mit echter Liebe angeschaut zu werden. Es sieht am Blick der Mutter, des Vaters oder seiner sonstigen primären Bindungsperson, dass es geliebt und wertgeschätzt wird. Fehlt dieser liebevolle Blick, fehlt ihm die Bindung, die es gerade in der ersten Lebensphase am dringendsten braucht. Es lernt dann auch keine Selbstliebe. Sie entwickelt sich durch die liebevollen Zuwendung, die es bekommt. Versorgung alleine reicht nicht. Auch den Umgang mit unangenehmen Gefühlen, lernt ein kleiner Mensch durch “die Großen”, die ihm seine Gefühle spiegeln und ihm dabei Sicherheit vermitteln. Ist die Bindungsperson z.B. depressiv, kann deshalb Liebe nicht fühlen, kann sie diese auch nicht vermitteln. So kann auch ein Bindungstrauma entstehen; ganz ohne Gewalterfahrung.
Abhängig von negativen Erfahrungen in der Kindheit, wirst Du manche Gefühle möglicherweise stärker wahrnehmen. Das sind z.B. Angst, Scham und Hilflosigkeit. Oder Du wirst manche Gefühle unbewusst sogar ausblenden. Man nennt das dissoziieren. Das passiert, wenn diese Gefühle so schlimm waren, dass Du sie nicht hättest ertragen können. Um Dich zu schützen, schaltet Dein Organismus dann auf taub. Es kann sein, dass Du Dich deshalb manchmal von Deinem Körper wie abgeschnitten fühlst.
EMDR
EMDR ist eine wirkungsvolle Methode, um die Traumatherapie zu unterstützen, weniger schmerzhaft zu machen und oft auch zu beschleunigen. Die Traumakonfrontation wird mit diesem Verfahren wenier belastend und verkürzt. Es ermöglicht die beschleunigte Traumaverarbeitung und ist wissenschaftlich gut belegt. Mit EMDR lassen sich auch viele andere Schwierigkeiten auf verblüffend einfache Weise lösen.
Auch beim gezielten Aufbau und der Verankerung von förderlichen Ressourcen hilft EMDR enorm.
Spezielle EMDR Protokolle gibt es unter anderem für Angst- und Panikstörungen, Tinnitus, Trauer und psychosomatische Erkrankungen.
Schmerztherapie mit EMDR
Schmerzen sind ein Warnsignal des Körpers. Wenn Du unter akuten oder chronischen Schmerzen leidest, solltest Du auf jeden Fall durch eine*n Ärztin abklären lassen. Wenn sich für die Schmerzen aber keine organische Ursache finden lässt, diese bereits geheilt ist oder eine weitere ursächliche Therapie nicht mehr möglich erscheint, kann die Belastung unerträglich werden. Besonders dann, wenn es außer starken Schmerzmitteln keine Möglichkeiten zu geben scheint.
Mit EMDR kann das Schmerzgedächtnis umprogrammiert werden, sodass Schmerzen gelindert werden, im besten Fall sogar komplett verschwinden können. Aber auch die emotionale Belastung und mögliche weitere Folgen der Schmerzerkrankung werden mit EMDR erfolgreich reduziert oder sogar beseitigt. Wir können dabei direkt auf den Schmerz oder die emotionale Belastung fokussieren.
Heilung transgenerationaler Traumata mit EMDR
Traumatisierungen können vererbt werden. Das kann epigenetisch oder über Erzählungen und Verhaltensweisen der Eltern und Großeltern geschehen. Wenn Du unter den Folgen einer solchen ererbten Traumatisierung leidest, wirst Du Dir auf manche Deiner Emotionen, Alpträume oder andere Schwierigkeiten vielleicht gar keinen Reim machen können.
Katharina Drexler – Fachärztin für Psychiatrie, Psychologie und Psychosomatische Medizin – hat in ihrem Buch ‘Ererbte Wunden heilen’ sehr einfühlsam, anhand vieler Beispiele beschrieben, wie transgenerationale Traumata entstehen und wie sie geheilt werden können. Wenn Du vermutest unter einer transgenerationalen Traumatisierung zu leiden, empfehle ich Dir dieses Buch. Du kannst mich natürlich auch gleich kontaktieren, um einen ersten Termin zu vereinbaren.